Nach dir, o Herr, verlanget mich
von Paul Gerhardt (1607 – 1676)
1. Nach dir, o Herr, verlanget mich,
du bist mein Gott, ich hoff auf dich,
ich hoff und bin der Zuversicht,
du werdest mich beschämen nicht.
2. Der wird zu Schanden, der dich schändt
und sein Gemüte von dir wendt,
der aber, der sich dir ergibt
und dich recht liebt, bleibt unbetrübt.
3. Herr, nimm dich meiner Seelen an
und führe sie die rechte Bahn,
lass deine Wahrheit leuchten mir
im Steige, der mich bringt zu dir.
4. Denn du bist ja mein einzig Licht,
sonst weiß ich keinen Helfer nicht,
ich harre dein bei Tag und Nacht:
Was ist’s, das dich so säumend macht?
5. Ach wende, Herr, dein Augen ab
von dem, wo ich geirret hab.
Was denkst du an den Sündenlauf,
den ich geführt von Jugend auf?
6. Gedenk an deine Gütigkeit
und an die große Süßigkeit,
damit dein Herz zu trösten pflegt
das, was sich dir zu Füßen legt.
7. Der Herr ist fromm und herzlich gut
dem, der sich prüft und Buße tut,
wer seinen Bund und Zeugnis hält,
der wird erhalten, wenn er fällt.
8. Ein Herz, das Gott von Herzen scheut,
das wird in seinem Leid erfreut,
und wenn die Not am tiefsten steht,
so wird sein Kreuz zur Wonn erhöht.
9. Nun, Herr, ich bin dir wohlbekannt,
mein Geist, der schwebt in deiner Hand,
du siehst, wie meine Seele tränt
und sich nach deiner Hilfe sehnt.
10. Die Angst, so mir mein Herze dringt
und daraus so viel Seufzer zwingt,
ist groß; du aber bist der Mann,
dem nichts zu groß entstehen kann.
11. Drum steht mein Auge stets nach dir
und trägt dir mein Begehren für.
Ach lass doch, wie du pflegst zu tun,
dein Aug auf meinen Augen ruhn.
12. Wann ich dein darf, so wende nicht
von mir dein Aug und Angesicht,
lass deiner Antwort Gegenschein
mit meinem Beten stimmen ein.
13. Die Welt ist falsch, du bist mein Freund,
ders treulich und von Herzen meint,
der Menschen Gunst steht nur im Mund,
du aber liebst von Herzensgrund.
14. Zerreiß die Netz, heb auf die Strick
und bricht des Feindes List und Tück,
und wenn mein Unglück ist vorbei,
so gib, dass ich auch dankbar sei.
15. Lass mich in deiner Furcht bestehn,
fein schlecht und recht stets einher gehn;
gib mir die Einfalt, die dich ehrt
und lieber duldet als beschwert.
16. Regier und führe mich zu dir,
auch andre Christen neben mir,
nimm, was dir missfällt, von uns hin,
gib neue Herzen, neuen Sinn.
17. Wasch ab all unsern Sündenkot,
erlös aus aller Angst und Not,
und führ uns bald mit Gnaden ein
zum ewgen Fried und Freudenschein.