Lutherische Generalsynode Hannover 2010
Darstellungen und Dokumente zur Geschichte der Lutherischen Kirchen
Bericht über die dritte Tagung der elften Generalsynode der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands vom 4. bis 6. und 9. November 2010 in Hannover
- Reihe
- Protokollbände der Generalsynode
- Ausführung
- Paperback
- Sprache
- Deutsch
- Seitenzahl
- 406
- Format
- 14,8 x 21,0 cm
- Veröffentlichungsjahr
- 2011
- Verlag
- Lutherisches Verlagshaus, Hannover
- ISBN Print
- 978-3-7859-1052-8
„Bildung ist mehr als Wissensvermittlung.“ Dieses Fazit zog der Leitende Bischof der VELKD, Landesbischof Dr. Johannes Friedrich (München), in seinem Bericht vor den Mitgliedern der 11. Generalsynode der VELKD, die in Hannover vom 4. bis 6. sowie am 9. November 2010 zu ihrer 3. Tagung der aktuellen Amtsperiode zusammenkamen. Damit nahm der Leitende Bischof sowohl sein eigenes Jahresthema, das sich generell dem Komplex „Bildung“ widmete, wie auch das Thema der Tagung der Generalsynode, das 2010 „Pfarrerbild und Pfarrerbildung“ lautete, auf.
So deutete Friedrich das Faktum der Zusammenkunft der synodalen Organe von EKD, UEK und VELKD, die seit 2009 in einer Tagung verbunden sind, als einen Prozess gemeinschaftlicher Bildung im ursprünglichen Sinn des Begriffs „Synode“ (Zusammenkunft bzw. gemeinsamer Weg) und bilanzierte in seinem Bericht die Wirkung des Bildungsaspektes in unterschiedlichen Kontexten. Dabei trat der Leitende Bischof für eine ganzheitliche Konzeption von Bildung ein. So müsse diese, insbesondere die schulische, immer den ganzen Menschen im Blick haben und dürfe nicht zugunsten von ökonomischen oder politischen Interessen „verzweckt“ werden. In diesem Zusammenhang unterstrich Friedrich auch die Bedeutung des Religionsunterrichts und würdigte die Arbeit evangelischer Schulen. Dort gehörten das bewusste Einüben von sozialem Verhalten, die Ermutigung zu sozialem Engagement und die Förderung musischer Interessen zu den Grundlagen. Dahinter stehe ein klares Bekenntnis zu christlichen Werten und zu einem evangelischen Profil.
Nach Friedrichs Auffassung habe sich das Bild der Bedeutung von Religion in der Gesellschaft „enorm verändert“. Dies habe in starkem Maße mit der sehr begrüßenswerten Integrationsdebatte zu tun, die den Blick verstärkt auf den Islam und seine rechtliche Stellung in Deutschland lenke. Hier sei noch ein weiter Weg zu gehen, sagte Friedrich in seinem Bericht vor der Generalsynode. Die Frage nach der Bedeutung des Islam für unsere Kultur und auch im Bezug auf den christlichen Glauben stehe im Raum. Ihr müsse man sich stellen. Die Kirchen seien hier als Dialogpartner und Träger von Bildung gefordert.
Diesen Gedanken nahm auch der Hauptvortrag zum Thema „Pfarrerbild und Pfarrerbildung“ auf, den Prof. Dr. Michael Herbst (Greifswald) hielt. Als „nicht hinreichend“ bezeichnete er die theologische Ausbildung von Pfarrerinnen und Pfarrern. Ohne einer Preisgabe akademischer Theologie das Wort reden zu wollen, halte er die Ausbildung „zu wenig auf die Berufswirklichkeit ausgerichtet“. Zwar habe sich schon einiges getan, doch würde nach wie vor nicht ausreichend berücksichtigt, dass Theologen auch Leitung wahrzunehmen hätten. „Wir gehen als Gelehrte aus dem Studium und treffen auf eine Berufswirklichkeit, in der von uns obendrein Führungsqualitäten verlangt werden, die wir weder theologisch reflektiert noch praktisch erworben haben“, so Herbst in seinem Vortrag, der „,Was bin ich?‘ Pfarrerinnen und Pfarrer zwischen Zuspruch und Zumutung“ überschrieben war. Die Ausbildung genüge auch nicht im Blick auf die Sprachfähigkeit für unterschiedliche kulturelle Kontexte und Milieus. Angesichts der massiven Veränderungen in der kirchlichen Landschaft werde sich auch das Pfarramt verändern, zeigte sich Herbst überzeugt: „Es muss und wird pluraler werden. Auch wenn niemand ernsthaft die parochiale Gemeinde mit einem Gemeindepfarrer als Grundmodell in Frage stellt, ist es notwendig, über eine größere Vielfalt von gemeindlichen Pfarrämtern nachzudenken.“, so Herbst. Die Förderung von lebendigen Gemeindekernen, die selbst Verantwortung übernähmen, nach dem Maß ihrer Gaben und Möglichkeiten, sei nach seiner Überzeugung die einzige Zukunftschance für viele dieser Gemeinden. Das bedinge aber auch neue Formen des Pfarrdienstes.
Im Kontext des Themas der Tagung würdigte die Generalsynode auch den Evangelischen Erwachsenenkatechismus (EEK), der zur Tagung in 8., neu bearbeiteter und ergänzter Auflage erschienen war, als Navigationshilfe und „Kursbuch des Glaubens“. Der EEK sei ein wesentlicher Beitrag zu einem Orientierungswissen, das aus dem christlichen Glauben schöpfen könne. Zugleich stelle sich der EEK den Fragen und Spannungsfeldern in evangelischer Freiheit und Verantwortung.
Wenn es um die befreiende Botschaft der Bibel gehe, „müssen wir Christinnen und Christen gemeinsam Zeugnis ablegen“, sagte der Catholica-Beauftragte der VELKD, Landesbischof Prof. Dr. Friedrich Weber in seinem Bericht vor der Generalsynode. Er stand unter dem biblischen Motto „…damit ihr Glauben und Hoffnung zu Gott habt“. Ohne diese bleibende Hoffnung sei seine Arbeit in der Ökumene nicht möglich. „Für mich findet sie in der ‚Leidenschaft für das Mögliche‘ Ausdruck.“ Seine Hoffnung sei, „dass es uns gelingt, unser Miteinander als selbstverständlichen Teil des jeweiligen Kirche-Seins zu verstehen und das Erreichte zu verstetigen“, so Weber. Der Catholica-Beauftragte äußerte sich positiv über den Fortgang des Dialogs mit der römisch-katholischen Kirche. Indiz dafür seien für ihn u. a. die Begegnungen auf dem Ökumenischen Kirchentag 2010 in München gewesen. Auch bei der Frage des Gemeinsamen Abendmahls sah Weber Möglichkeiten für einen Fortschritt. Inhaltlich liege man im Abendmahls- bzw. Eucharistieverständnis „nicht mehr weit auseinander“, betonte Weber und bekräftigte seinen Wunsch nach einer Gemeinsamen Erklärung zum Abendmahl, analog zur Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigung.
Im weiteren Verlauf der Tagung verabschiedete die Generalsynode auch die Agende II, Teilband 1 „Gottesdienstfeiern von Aschermittwoch bis Ostern“, die nach einem intensiven Überarbeitungsprozess den Referenzrahmen für die liturgischen Handlungen der Passions- und Osterzeit bilden soll.
Der vorliegende Protokollband „Lutherische Generalsynode 2010“ unterrichtet ausführlich über den Verlauf sowie die Ergebnisse der Beratungen in Hannover. Er dokumentiert u. a. die Berichte des Leitenden Bischofs und des Catholica-Beauftragten sowie die Beschlüsse.



